hr-iNFO-Büchercheck: Geheimer Ort von Tana French

hr-iNFO-Büchercheck: Geheimer Ort von Tana French

05.02.2015

In unserem heutigen Büchercheck gibt es mal wieder einen Krimi: Geheimer Ort heißt er, geschrieben von der irischen Schriftstellerin Tana French. Sie führt uns mit ihrer Geschichte in die behütete, aber auch verschworene Welt des Mädchen-Elite-Internats St. Kilda. hr-iNFO-Büchercheckerin Karin Trappe hat den Roman gelesen.

Worum geht es?

Ich weiß, wer ihn getötet hat. Das steht auf dem Foto von Chris Harper, dem Jungen, der ein Jahr zuvor erschlagen wurde. Die Information hängt am sogenannten Geheimnisort von St Kilda, einer Art schwarzem Brett, an dem die Schülerinnen ihre Sorgen und Nöte loswerden können. Detective Stephen Moran, der in der Abteilung für ungelöste Fälle von höheren Aufgaben träumt, erhält die Chance, mit der ruppigen und umstrittenen Ermittlerin Conway diesen Fall endgültig zu lösen. Ihre Befragungen in St Kilda konzentrieren sich auf acht Mädchen: zwei verfeindete Gruppen von Schülerinnen. Diese Schülerinnen werden befragt und die Mädchen lassen nichts aus, um die Polizisten zu manipulieren, von sich abzulenken.

Wie ist es geschrieben?
Auf der einen Seite stehen die Ermittlungen der beiden Detectives, ihre Befragungen, ihre Gedanken, ihre Rückschlüsse. Dazwischen eingeschoben in Rückblenden die Erlebnisse in St. Kilda beginnend Monate vor Chris Harpers Tod. Hervorragend ist das Eigenleben der beiden Mädchen-Cliquen geschildert, die Innen-Dynamik dieser beiden Gruppen und ihre Erscheinung nach außen. Das ist spannend erzählt und psychologisch feinfühlig.

„Die Geheimnisse an der Tafel. Sind welche von Dir dabei?“ „Nein“. Kein Zögern, keine sekundenschnelle Entscheidung. Keine Lüge. „Warum nicht? Hast Du keine Geheimnisse? Oder behälst Du die für Dich?“ Rebecca sagte: „Ich habe Freundinnen. Denen erzähle ich meine Geheimnisse. Ich muss sie nicht der ganzen Schule erzählen. Nicht mal anonym.“ Ihr Kopf war hochgekommen; ihre Stimmer war plötzlich voller geworden, hallte durch das Sonnenlicht bis in alle Winkel des Raumes. Sie war stolz. Ich sagte: „ Meinst du, deine Freundinnen erzählen dir auch all ihre Geheimnisse?“ Jetzt ein Zögern; eine Viertelsekunde, in der sich ihre Lippen öffneten und nichts herauskam. Dann sagte sie: „Ich weiß alles über sie“. Noch immer dieser Klang in der Stimme, wie Freude. Ein Heben der Mundwinkel, das fast ein Lächeln war. Ich merkte, wie es meine Atmung veränderte. Da war es, blitzte auf wie ein Signal: das besondere Etwas, auf das ich gewartet hatte. Heißer glühend, seltsam farbige Funken sprühend. Die sind anders, hatte Conway gesagt, anders als Joannes Clique. Allerdings.“

Wie gefällt es?
„Geheimer Ort“ von Tana French ist großartig – ich habe mich erinnert gefühlt an meine eigene Schulzeit, daran wie damals Freundschaften entstanden und auseinandergingen, an die Freuden dieser Zeit, aber auch an die Enttäuschungen. In diesem Mikro-Kosmos eines Mädchen-Internats schildert Tanja French die Abhängigkeiten der Mädchen voneinander bis zum bitteren Ende - bis ein zunächst kleines Geheimnis zur großen Katastrophe führt. Ich habe dieses Buch kaum aus der Hand legen können – bei rund 700 Seiten eine besondere Auszeichnung.

14,99 € inkl. MwSt.
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Paperback, 700 S.
Sprache: Deutsch
FISCHER Scherz
ISBN: 9783651000513