hr-iNFO Büchercheck: Hier sind die Unzertrennlichen von Alessandro Piperno

hr-iNFO Büchercheck: Hier sind die Unzertrennlichen von Alessandro Piperno

29.01.2015

Heute im hr-iNFO Büchercheck ein Roman aus Italien: „Hier sind die Unzertrennlichen“, geschrieben von Alessandro Piperno. Ein Autor, der in Italien ziemlich bekannt ist und dort auch schon mehrere wichtige Literaturpreise gewonnen hat. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat ihn gelesen.

 

Worum geht es?
Vor zwei Jahren habe ich hier schon mal einen Roman von Alessandro Piperno vorgestellt: „Die Verfolgung“. Es ging um einen anerkannten Arzt, dem ein junges Mädchen fälschlicherweise vorwirft, er habe es missbraucht. Er hat aber nicht die Kraft, sich dagegen zu wehren, vegetiert im Keller seines Hauses in völliger Isolation dahin und stirbt dort schließlich. In seinem neuen Roman treffen wir jetzt auf die Hinterbliebenen: die Frau des Arztes und die beiden Söhne, 20 Jahre danach. Was passiert, wenn Mutter und Söhne dem Vater nicht vertrauen, ihn verstoßen und er dann stirbt. Darum geht es letztlich in diesem neuen Roman von Piperno. Seine Antwort: die Familie verliert ihren Halt, Mutter und Söhne finden untereinander kein Vertrauen mehr, für sich selbst keine Sicherheit. Sie schwirren eher ziellos durchs Leben, hangeln sich irgendwie durch. Ihre Erfolge sind entweder zufällig oder nicht von Dauer. Sowohl im Beruf als auch in den Beziehungen. Vordergründig ist viel los im Leben dieser Überlebenden, schillernde Akteure unserer Zeit eben. Aber im Hinterkopf spukt der tote Vater. Vor allem die Söhne sind traumatisiert, können nicht verwinden, dass sie dem Vater ihre Solidarität entzogen haben.

Wie ist es geschrieben?
Schwache Menschen produzieren tragische Dinge in diesem Roman, aber Piperno lässt sie von einem Erzähler berichten, der den Schalk hinter den Ohren hat. Er übertreibt bisweilen, formuliert alltagssprachlich bis frech, süffisant, manchmal auch sarkastisch. Und hin und wieder schlüpft dieser Erzähler auch in die Rolle eines Analytikers oder sogar eines Philosophen, der die banalen Dinge überhöht, die er da erzählt. Ironie, Komik, Satire - man kann viel lachen und grinsen bei der Lektüre, zum Beispiel, wenn dieser Erzähler über die Impotenz Samuels fabuliert:

Impotente, was immer auch gesagt wird, sind nicht weniger geil als Menschen mit einem völlig befriedigenden Sexualleben. Impotente sind wie Diabetiker: die Natur hat ihnen zwar die Möglichkeit genommen, sich von bestimmten köstlichen Lebensmitteln zu ernähren, aber verdammt, sie hat ihnen nicht die Lust genommen, sie zu begehren. Ganz im Gegenteil, sie hat sie sakralisiert, diese verfluchte Lust!“

Wie gefällt es?
Das ist eine wilde Geschichte. Sie kommt komisch daher, lässt uns aber in menschliche Abgründe blicken. Beides zusammen, das komische und das tragische, funktioniert. Ein unterhaltsamer Roman, der nachdenklich darüber macht, an welch` trügerischen Dingen sich Menschen mitunter orientieren, in welchem Zirkus sie manchmal unterwegs sind.

 

 

 

 

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gebundenes Buch, 416 S.
Sprache: Deutsch
Fischer, S. Verlag GmbH
ISBN: 9783100619068