hr-iNFO-Büchercheck: Zwischen mir und der Welt von Ta-Nehisi Coates

hr-iNFO-Büchercheck: Zwischen mir und der Welt von Ta-Nehisi Coates

25.02.2016

Der schwarze Journalist Ta-Nehisi Coates hat seinem Sohn einen Brief geschrieben, in dem er den Jungen darauf vorbereitet, was es heißt, in den USA als Schwarzer zu leben. Der Brief ist nun als Buch in deutscher Übersetzung erschienen. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat das Buch gelesen.

Worum geht es?
Coates zieht ein Resümee ohne Vergebung, auch ohne Hoffnung. Die Weißen haben die Schwarzen ausgebeutet und damit die Grundlage gelegt nicht nur für ihren Reichtum, auch für ihren Staat, ihre Demokratie und ihr Überlegenheitsgefühl. Das müssten sie sich erhalten, trotz aller Gesetze, trotz aller Aufstiege einzelner schwarzer Amerikaner.

„Amerikaner glauben an Rasse als fest umrissenes, naturgegebenes Merkmal unserer Welt. Rassismus, das Bedürfnis, Menschen bis ins Mark zu kategorisieren und daraufhin zu demütigen, zu reduzieren und zu vernichten, wäre demnach eine unvermeidliche Folge dieser unabänderlichen Gegebenheit. Doch Rasse ist das Kind des Rassismus, nicht seine Mutter. Und die Definition eines Volkes hatte nie etwas mit Abstammung und Physiognomie zu tun, sondern immer mit Hierarchie.“

Rassismus als Identität. Coates nennt für diese Analyse zahlreiche Beispiele aus Geschichte und Gegenwart. In einem Artikel, der neben dem Brief auch in diesem Buch enthalten ist, fordert er Reparationen des Staates an die Schwarzen. Seine Botschaft an seinen Sohn ist ernüchternd: Es bleibe den Schwarzen, zumindest in den USA, nur der tägliche Kampf, mit Stolz ihren Körper zu retten.

Wie ist es geschrieben?
Schon mit der Form seines Textes, ein Brief an sein Kind, gibt Ta-Nehisi Coates seinem Thema eine packende Subjektivität und Dringlichkeit. In immer wieder kehrenden Schleifen präsentiert er seine Analyse mit historischen Beispielen und persönlichen Erfahrungen. So verschärft er sein Urteil, man kann ihm nicht entkommen. Seine Sprache ist immer wieder pathetisch und verleiht dem Text noch mehr Wucht.

Wie gefällt es?
Ta-Nehisi Coates hat mich mit diesem Buch aufgerüttelt. Es hat zweifellos eine subjektive, zugespitzte Binnensicht. Das macht es angreifbar, aber auch so interessant, jedenfalls für mich, als weißen Europäer. Coates Pathos, wenn er zum Beispiel vom schönen schwarzen Körper schwärmt, hat mich auch befremdet. Seine Gefühle angesichts seiner Ohnmacht gegenüber den Behörden wiederum haben mich fassungslos gemacht.

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gebundenes Buch, 235 S., mit Abbildungen
Sprache: Deutsch
Hanser Berlin
ISBN: 9783446251076