Zwei Schwestern von Dorothy Baker

Das ist mal wieder einer dieser Texte, die unerklärlicherweise in der Versenkung verschwunden waren und jetzt zum Glück für uns LeserInnen amerikanischer Erzählkunst wieder zu bekommen ist. Dorothy Baker ist bereits 1968 gestorben, daher mag es rühren, dass sie so unbekannt ist.

Breit ist ihr Oevre nicht, sie hat ein paar Theaterstücke verfasst, eines davon über die Trennung eines lesbischen Paares. Nicht mal einen deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag gibt es. Auf Deutsch ist aktuell leider nur dieser eine Roman zu bekommen. Der ist aber auf jeden Fall und unbedingt lesenswert!

Die Geschichte ist schnell erzählt. Cassandra und Judith sind Zwillingsschwestern. Als Judith heiraten will, löst das bei Cassandra heftige Gefühle aus. Auf dem Weg zur Hochzeit heckt sie einen diffusen Plan aus.

Man muss es einfach sagen: Sprachlich ist das Ding eine Wucht und steht Schriftstellern wie Yates oder Carver in nichts nach. Sie beherrscht die hohe Kunst, durch Auslassungen mehr zu erzählen als andere in tausend Worten. Die daraus entstehende Spannung lässt diese an sich einfache Geschichte zu einem regelrechten Pageturner mutieren. Was hat Cassandra vor? Diese herrlich eckige Protagonistin mit ihrer schnippischen Attitüde wächst einem sehr ans Herz, und manchmal hat man Angst um sie. Geht es mit ihr durch? Wie weit würde jemand derart Kapriziöses gehen, um seine Schwester für sich zu behalten? Traut man ihr bloßen Schabernack zu oder Schlimmeres? Und wie schlimm?

Zwei Schwestern ist ein großartiger Roman, und ich danke dem Verlag dtv dafür, ihn in sein Programm genommen zu haben. Und jetzt an alle Literaturliebhaber: Ran an den Text!

Übrigens: Es gibt dieses Buch auch im Programm der Büchergilde!