hr-iNFO Büchercheck: Eine schöne junge Frau von Tommy Wieringa

hr-iNFO Büchercheck: Eine schöne junge Frau von Tommy Wieringa

30.04.2015

Tommy Wieringa ist in den Niederlanden ein bekannter Autor. Nicht von ungefähr, denn dort gibt es eine Tradition: Jedes Jahr erhält ein Autor den Auftrag, für die nationale Bücherwoche ein Buch zu schreiben. Im vergangenen Jahr bekam Tommy Wieringa den Auftrag und schrieb „Eine schöne junge Frau“. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Es ist eine Liebe auf den ersten Blick. Ruth radelt an Edward vorbei, ihr blondes Haar weht im Wind, ihr Hintern hebt sich vom Sattel. Da ist es um Edward geschehen. Als er Ruth in einer Kneipe wieder sieht, pirscht er sich an sie ran und erobert sie. Tommy Wieringa lässt Edward später erzählen: „Der Mut der Verzweiflung. Ich hätte wirklich nicht gewusst, was ich ohne sie machen soll. Stell dir vor, gerade war die ganze Welt noch voller Frauen, und plötzlich ist nur noch sie da (…) Als hätte man haargenau eine Chance – und wenn man die vermasselt, fällt die Tür hinter einem zu und das Wunder wird sich nie wiederholen.“

Die beiden erleben romantische Stunden, heiraten und kriegen ein Kind. Mit dem Kind beginnen allerdings die Probleme. Die sensible, emphatische, mitleidende junge Frau und der erfolgsorientierte Karrierist, der als Virologe auch vor skrupellosen Tierversuchen nicht Halt macht, driften auseinander. Edward betrügt die schwangere Ruth mit einer jungen Mitarbeiterin. Entfremdung, Ablehnung, Gleichgültigkeit sind die Folgen. Edward zieht aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus. Erst schläft er in seinem Büro. Das fällt auf. Sein Chef kriegt auch den Ehebruch mit, Karriereende.

Wie ist es geschrieben?
So schnell die Geschichte zusammengefasst ist, so schnell und direkt ist sie auch erzählt. Ein Roman auf nur 120 Seiten. Die Handlung steht im Vordergrund. Liebe, Ehe und Zusammenbruch in einem rasanten Rutsch. So schnell, dass nachdenkliche Passagen nur kurz anklingen zum Beispiel über die Schattenseiten der Medikamentenforschung an Tieren, die Problematik des Altersunterschieds von Paaren, die Angst vor dem verlassen werden und Alleinsein. Die Geschichte bleibt in der Perspektive des Mannes.

Wie gefällt es?
„Eine schöne junge Frau“ hat bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Keine Frage, der Roman unterhält sehr gut. Er liest sich leicht und schnell, ist auch witzig, die Handlung reißt nie ab, wie geschaffen für einen ruhigen Wochenendtag. Auch das Thema ist zweifellos interessant. Aber: die Figuren bleiben klischeehaft. Wieringa deutet Charaktere und Milieus an, aber es werden keine Studien daraus. Die einseitige Perspektive reicht nicht. Die Tragik Edwards bringt Wieringa nur zum Flackern, nicht zum Lodern. Schade, dass nicht wirklich ein Roman aus dieser Geschichte wurde.

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gebundenes Buch, 128 S.
Sprache: Deutsch
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
ISBN: 9783446247888