Fremdling auf Erden (Leinen)

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783446207370
Sprache: Deutsch
Seiten: 180 S.
Fomat (h/b/t): 2 x 21 x 13.2 cm
Bindung: Leinen

Beschreibung

Ein junger Mann, Waise, entflieht dem Haus seines Onkels, um in Fairfax aufs College zu gehen. Ohne eine Menschenseele zu kennen, trifft er dort ein und mietet ein möbliertes Zimmer. Wenig später zieht man seine Leiche aus dem Fluss. "Fremdling auf Erden", eine der frühen Novellen Julien Greens, gehört zu den Glanzstücken seines Werkes und liegt nun zusammen mit "Die Schlüssel des Todes", "Christine" und "Leviathan" endlich in einer neuen Übersetzung vor.

Autorenportrait

Julien Green wurde 1900 als Sohn einer amerikanischen Familie in Paris geboren, wo er 1998 starb. Bei Hanser erschien das erzählerische Werk, zuletzt in der Neuübersetzung von Elisabeth Edl: Adrienne Mesurat (Roman, 2000), Fremdling auf Erden (Erzählungen, 2006), die Erinnerungen an seine Kindheit Erinnerungen an glückliche Tage (2008) und sein letzter Roman Der Unbekannte (2011).

Leseprobe

Kein Pech klebt so fest wie schwermütige Gedanken. Malherbe Vor einigen Jahren hielt sich der Übersetzer der nachstehenden Aufzeichnungen in einer Stadt der Vereinigten Staaten auf, da spielte ihm der Zufall bei unerheblichen literarischen Forschungen Dokumente in die Hand, die so merkwürdig waren, daß er sich den Zeitvertreib gönnte, sie vollständig abzuschreiben; weil sie jedoch weit zurückliegende Dinge berühren, die selbst in der Gegend, wo sie sich zugetragen haben, fast vergessen sind, scheint es ratsam, daß man sie dem Leser nicht vorlegt, ohne bis zu ihren Anfängen zurückzugehen und an einen Vorfall zu erinnern, der 1895 die Universitätsstadt Fairfax erschütterte. Um den 10.September jenes Jahres zog man die Leiche eines jungen Mannes von siebzehn oder achtzehn Jahren aus dem Fluß. Seine an mehreren Stellen gebrochenen Glieder deuteten darauf hin, daß er gestürzt, dann einen ziemlich steilen Hang hinuntergerollt und dabei gegen scharfkantige Steine geschlagen war. Kurz bevor der Fluß die Stadt erreicht, strömt er zwischen zwei abschüssigen, zerklüfteten Felswänden dahin, die immer höher werden, je weiter man flußaufwärts ins freie Land hinauskommt. Es war also nicht schwer, sich den Unfallhergang vorzustellen. Der junge Mann ging, wahrscheinlich nachts, in der Umgebung der Stadt spazieren. Er sieht nicht, wohin er seine Schritte lenkt, und stößt auf das Flußufer, das die Dunkelheit ihm verbirgt. Die Erde ist durch starken Regen aufgeweicht. Plötzlich rutscht er aus, und ehe er sich festhalten kann, stürzt er hinunter auf die Felsen, die ihn zerfetzen, fällt in den Fluß und ertrinkt. Nun war die Nacht seines Todes aber so hell, daß verschiedene Leute nicht glauben mochten, er habe bis ans Ufer gelangen können, ohne den Fluß zu seinen Füßen zu sehen, und in der Annahme, er habe aus irgendeinem Grund seinem Leben auf verbrecherische Weise ein Ende setzen wollen, schlugen sie vor, ihn in einem besonderen Winkel des Friedhofs und ohne die üblichen Feierlichkeiten zu bestatten. Sie machten so viel Aufhebens und führten so einleuchtende Gründe an, daß man sich schon ihrer Meinung anschließen und den jungen Mann nach ihrem Wunsch bestatten wollte. Die Ermittlungen ergaben, daß er Daniel O¿Donovan hieß und erst seit wenigen Tagen in der Stadt war, um hier zu studieren. Dann entdeckte jemand Papiere von der Hand des Verstorbenen, die vermuten ließen, daß man etwas zu voreilig gewesen war und es sehr merkwürdige Umstände gab, die man, weil sie unbekannt waren, nicht hatte berücksichtigen können, die jedoch zu einem ganz anderen Schluß führen mußten als zu dem beinahe gezogenen. Das Begräbnis wurde also auf den Morgen nach dem Tag verschoben, an dem man die Papiere entdeckt hatte; man prüfte die Manuskripte sorgfältig und hörte sich die Aussagen von Personen an, die Daniel O¿Donovan gekannt hatten. Da am Ende immer noch Zweifel bestanden, wurde beschlossen, es sei besser, falsche Barmherzigkeit zu üben als falsche Härte. Also schrieb man in die Register neben den Namen Daniel O¿Donovan die Worte einer alten, in derlei Fällen bequemen Formel: Gestorben durch die Heimsuchung Gottes, und kam überein, den jungen Mann anständig zu bestatten und in den Stein, der ihn bedecken sollte, folgenden Vers aus dem Buch der Psalmen zu meißeln: Wie wird ein junger Mann seinen Weg unsträflich gehen? Fast zur gleichen Zeit entschloß sich der Chefredakteur einer städtischen Zeitung, das aufgefundene Manuskript zu veröffentlichen, und er wählte zum Titel den Vers, der als Grabinschrift gedient hatte. Diese Veröffentlichung weckte die Neugier vieler Leser, und da das Manuskript an einer entscheidenden Stelle abbricht, fanden sich einige Leute, die versuchten, die eigenartige Erzählung, aus der es besteht, mit Hilfe dessen zu vervollständigen, was sie schon vorher über den Charakter des Verfassers wußten. Das Manuskript bekam also eine Fortsetzung, doch sie hat nur die Bedeutung einer erdachten Geschichte, und ich ...