Allgemein betrachtet überwog in dieser Großen Koalition trotz häufig formulierten - grenzungsversuchen der Wille zum Kompromiss im politischen Alltag. Grundsätzliche Unterschiede politischer Richtungen, wie z. B. in der Mindestlohndebatte, wurden wied- holt auf eine programmatische Schnittmenge reduziert. Die Union überstand die Große Koalition weitgehend unbeschadet, die Sozialdemokraten hingegen konnten aus der Reg- rungsbeteiligung nicht profitieren. Das Stimmungstief und das mangelnde Vertrauen in ihre Arbeit, brachte die SPD als Hypothek der rot-grünen Regierung mit in die Große Koalition und konnte es auch dort nicht wieder loswerden. Die SPD geriert sich durch innerpartei- che Kontroversen, die zu wechselndem Parteivorsitz führen, und einen ungeklärten - gang mit der Linken als eine nicht zur Ruhe kommende Partei. Der Abwärtstrend der SPD wurde 1998 eingeläutet und scheint bis zu diesem Zeitpunkt immer noch steigerungsfähig. In einigen Ländern ist die SPD auf der Grundlage ihrer Stimmenanteile schon bald nicht mehr als ¿große Volkspartei¿ zu betrachten (Micus/Walter 2008). Die Union bleibt in der politischen Stimmung bis zum September 2009 über ihrem Stimmenanteil der Bundestagswahl 2005. Bei einigen Landtagswahlen verliert sie deutlich Stimmen, bleibt aber an bestehenden Landesregierungen beteiligt. Die politische Stimmung auf der Bundesebene wird davon nicht beeinträchtigt. Der Kanzlerin wird durchweg von einer deutlichen Mehrheit gute Arbeit bescheinigt. Die unzufriedenen Unionswähler verbleiben im schwarz-gelben Lager und wenden sich am ehesten der FDP zu, wie man es auch bei der Landtagswahl in Hessen 2009 beobachten konnte.

Sebastian Bukow und Wenke Seemann lehren und forschen am Lehrbereich Innenpolitik der Humboldt-Universität zu Berlin.

Regieren mit Zweidrittelmehrheit: Große Koalitionen im politischen System Deutschlands - Die Große Koalition 2005-2009: Reformkoalition oder Stagnation? - Parteienwettbewerb und Parteienentwicklung unter den Bedingungen einer Großen Koalition - Chronologie der Großen Koalition 2005-2009 Mit Beiträgen von Sebastian Bukow, Wenke Seemann, Ingolfur Blühdorn, Christian Brütt, Simone Grimmeisen, Nancy Ehlert, Sven Bernhard Gareis, Gert-Joachim Glaeßner, Stefan Hunsicker, Uwe Jun, Karl-Rudolf Korte, Astrid Lorenz, Arijana Neumann, Oskar Niedermayer, Heinrich Oberreuter, Werner Reutter, Thomas Rixen, Sebastian Scharch, Wolfgang Schroeder, Yvonne Schroth, Jens Walther, Claus Wendt

Umfassende Bilanz der Großen Koalition