Brief an die gottlosen Frauen (gebundenes Buch)

Brief an die gottlosen Frauen

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783552052031
Sprache: Deutsch
Seiten: 208 S.
Fomat (h/b/t): 2 x 21 x 13.3 cm
Bindung: gebundenes Buch

Beschreibung

Männer stifteten Weltreligionen, Männer bauten Pyramiden, Tempel und Kathedralen, Männer schlachteten Neugeborene, um die Überirdischen bei Laune zu halten - Frauen mussten als eifrige Beterinnen ihren Teil dazu beitragen und den Alltag organisieren. Der bekannte Wiener Theologe Adolf Holl setzt in diesem polemischen Traktat zu 5000 Jahren Religionsgeschichte seine Hoffnung ganz auf weibliche Skepsis, weibliche Radikalität und weibliches Lachen, denn er "hat früher als andere begriffen, dass es mit der Kirche, wie wir sie kennen, aus und vorbei ist". (Barbara Coudenhove-Kalergi)

Autorenportrait

Adolf Holl wurde am 13. Mai 1930 in Wien geboren und starb am 23. Jänner 2020 ebenda. Dr. theol. und Dr. phil., von 1953 bis 1973 Kaplan und Lehrer. 1973 kirchliches Lehrverbot. 1976 als Priester suspendiert. Bei Zsolnay erschienen Brief an die gottlosen Frauen (2002) und Der lachende Christus (2005).

Leseprobe

WENN FRAUEN DARAUF kommen, daß sie ohne Gott ganz gut leben können, dann fallen den Engeln die Flügel ab und den Teufeln die Hörner. Dann stehen Moses, Jesus und Mohammed als betrogene Betrüger da. Die Ekstasen der Mystikerinnen verwandeln sich rückblickend in sublimierte Erotik, die Marterqualen heiliger Mädchen in masochistische Exzesse. Die Litaneien frommer Bäuerinnen laufen ins Leere, die Krankendienstlichkeit der Nonnen verdankt sich dem weiblichen Pflege-Instinkt, die Zaubersprüche der Hexen verlieren ihre Adressaten. All das, was im gegenwärtigen Universitätsbetrieb religionswissenschaftlich aufgespießt und durchnumeriert wird, erweist sich dann als männliches Erbe, den Frauen aufgenötigt und ihnen wesensfremd, bis sie den ganzen Augentrug von sich weisen und ihre Angelegenheiten selber zu regeln beginnen, ohne Bevormundung durch überirdische Väter und Mütter. Dieses Programm ist längst angelaufen, wie nach einem Plan, den doch niemand gehabt hat. Das Programm wurde von Männern geschrieben, unter dem harten Zwang einer im Weltraumgeschehen vollkommen belanglosen und geringfügigen Veränderung des Klimas auf dem Planeten Erde, der sich die Bahn um seine zugehörige Sonne nicht aussuchen konnte. Auch Kain hatte keine andere Wahl, als seinen Bruder Abel zu erschlagen, im Sinn des Fortschritts zu Seßhaftigkeit und Städtebau, was dann zu all den Errungenschaften führte, denen die Frauen schlußendlich ihre Befreiung verdankten, das Abschütteln der religiösen Fesseln, in denen sie so lange lagen, daß sie ihnen zur Selbstverständlichkeit wurden. Vielleicht irre ich mich, und die Frauen sind von Haus aus ebenso religiös wie die Männer, ja vielleicht sogar um eine Spur gottinniger als die Herren der Schöpfung. Die Gründe allerdings, die für die uralte Gottlosigkeit der Frauen sprechen, sind triftig. Alle gestifteten Religionen gehen auf extremistische Männer zurück, die der Gang der Dinge nervös machte. Auch vor dem Auftreten dieser maßgebenden Gestalten lag der Tempelbetrieb rund um den Globus in den Händen von Männern - jener Berufsgruppen, die lieber die Sterne beobachteten, als in den Krieg zogen. Sie erfanden die Schrift und schrieben die religiösen Grundtexte der Menschheit nieder, zuerst in Ägypten und Indien, wo die Gottheiten am besten gediehen. In dieser vieltausendjährigen Arbeit am Gottesgedanken fehlt jede Spur weiblicher Originalität. Nicht einmal dann, als die freisinnigen Männer Europas den Gottesgedanken zerzupften, mit derselben Energie, die ihre Vorväter an dessen Textur verschwendet hatten, beteiligten sich aufgeweckte Frauen am religionskritischen Zerstörungswerk. Der Kampf um das weibliche Wahlrecht war ihnen weitaus wichtiger. Das Fazit aus dieser Religionsgeschichte: Männer gründen Religionen, Männer schaffen sie wiederum ab. Frauen schauen bei diesen Unternehmungen zu, lassen sich allenfalls in ihren Bann schlagen. Dabei bleiben sie, auch wenn sie das nicht wissen, von vornherein gottlos. Doch halt. Was sind schon die paar tausend Jahre der halbwegs bekannten Zivilisationsgeschichte gegen die Jahrmillionen vorzeitlicher Familien, die über die ostafrikanischen Savannen wanderten? Unsere Vermutungen über ihre Umgangsformen mit dem Göttlichen beruhen auf Vergleichen mit den Sitten und Bräuchen der heute noch vom Jagen und Sammeln lebenden Ethnien, wie beispielsweise der Bambuti-Pygmäen im tropischen Regenwald Zentralafrikas. Von Gottlosigkeit kann bei diesen freundlichen Leuten, die Krieg und Komfort allenfalls aus dem Fernsehen in der Missionsstation kennen, keine Rede sein. An ihren religiösen Ritualen beteiligen sich Frauen und Männer, indem sie ihre Gegensätze durchspielen und den (weiblich gedachten) Wald tanzend und singend daran erinnern, sie weiterhin reichlich mit Nahrung zu versorgen. Ob das immer so war, ob Religion so alt ist wie der aufrechte Gang und die Sprache, weiß nicht einmal der Papst. Wenn er in der Bibel nachliest, tauchen zwei Männer als ...