Herz geklaut (kartoniertes Buch)

Herz geklaut

Lockvogel flieg

cbj
6,95 €
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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783570218099
Sprache: Deutsch
Seiten: 220 S., mit s/w Illustrationen
Fomat (h/b/t): 2.1 x 18.3 x 12.5 cm
Altersempfehlung: 10-99 J.
Bindung: kartoniertes Buch

Autorenportrait

Monika Feth wurde 1951 in Hagen geboren, arbeitete nach ihrem literaturwissenschaftlichen Studium zunächst als Journalistin und begann dann, Bücher zu verfassen. Heute lebt sie in der Nähe von Köln, wo sie vielfach ausgezeichnete Bücher für Leser aller Altersgruppen schreibt. Der sensationelle Erfolg der "Erdbeerpflücker"-Thriller machte sie weit über die Grenzen des Jugendbuchs hinaus bekannt. Ihre Bücher wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.

Leseprobe

Als ich zw?lf wurde, wurde Gro?ater siebzig. Wir haben beide am selben Tag Geburtstag, am zehnten Juni, wir sind also Zwillinge. Keine richtigen nat?rlich, aber dem Sternzeichen nach. Meine Mutter, die an so was glaubt, behauptet, in einer Familie mit Zwillingen kann nur das absolute Chaos herrschen, weil der eine Zwilling nie wei? was der andere tut, und bei gleich zwei Zwillingen sowieso keiner mehr den ?erblick hat. Mit dem Chaos hat sie recht, aber ich glaube nicht, dass es an Gro?ater und mir liegt. Das Chaos ist unserer Familie angeboren. Wir brauchen es wie andere die Luft zum Atmen. Wenn es mal still ist in unserm Haus, dann ist das ein sicheres Zeichen f?r eine schleichende Katastrophe. Wie damals, als meine Mutter mit Tris schwanger war und die Wehen zu fr?h einsetzten und alle au?r mir unterwegs waren. Aber das ist eine andere Geschichte. Gro?ater wurde also siebzig, und weil das ein besonderer Geburtstag ist, sollte er mit allem Pomp und Trara gefeiert werden. Und weil ich nun mal gleichzeitig zw?lf wurde und wir unsere Geburtstage immer gemeinsam feiern, bekam ich von dem Pomp und Trara ein dickes St?ck ab. Sehr zum ?ger von Henri, die grunds?lich der Meinung ist, sie k? zu kurz. Ihr h?igster Ausruf ist: ?Das ist ungerecht!? Andere Kinder sagen, wenn sie anfangen zu sprechen, zuerst Mama, dann Papa. Henri sagte als Erstes Nein und das war nur ein anderes Wort f?r ungerecht. Na ja, sie heulte und schrie und stampfte mit dem Fu?auf, weil sie auch mit Gro?ater Geburtstag feiern wollte, und als das nichts n?tzte, zog sie sich f?r ein paar Stunden in ihren Schmollwinkel zur?ck, die Vorratskammer. Als sie wieder herauskam, waren ihre Augen geschwollen, ihre Lippen schokoladenverschmiert, und prompt fing Tris an zu br?llen, weil er auch Schokolade wollte, und meine Mutter br?hte sich einen starken Kaffee auf und warf uns alle kurzerhand aus der K?che. Damals wohnte Freddie noch bei uns. Er nahm uns mit in die Eisdiele, wo er mit Ilona verabredet war, und spendierte uns ein Eis. ?Zoff?, sagte er nur, und Ilona sch?ttelte ihre M?e und nickte. Es gibt jede Menge Zoff bei uns, schon immer. Ein Leben ohne kann ich mir ?berhaupt nicht vorstellen. Ein Leben ohne Ilona ?brigens auch nicht mehr. Obwohl sie ?nlichkeit mit einem Rauschgoldengel hat und Fingern?l wie perlmutterne Essst?hen. Das ist n?ich nur ?erlich. Innerlich ist sie ziemlich unkompliziert, wenn man mal davon absieht, dass sie genaue (und sehr strenge) Vorstellungen von Recht und Unrecht hat und damit schlie?ich auch irgendwie dazu beitrug, dass Freddie rausgeworfen wurde, obwohl er erst sechzehn ist. Was mir an Ilona besonders gef?t, ist ihr Name. Es ist einfach wunderbar, dass man stinknormal Ilona hei?n kann. In meiner Familie hat schon immer eine nahezu krankhafte Vorliebe f?r seltsame, au?rgew?hnliche Namen vorgeherrscht. Gro?ater hei? Leopold, Leopold der Erste, um genau zu sein. Genannt wird er Leo. Mein Vater ist Leopold der Zweite. Die Abk?rzung Poldi mag er nicht, aber er hatte immerhin zweiundvierzig Jahre Zeit, sich daran zu gew?hnen. Gro?utter hei? Genoveva, meine Mutter Isodora. Mein Bruder Freddie (Fred) war der erste Knick in der Namenslinie, und niemand wei?heute mehr so recht, wie er zu seinem banalen, herrlich allt?ichen Namen gekommen ist. Vor allem aber will im Nachhinein niemand mehr die Verantwortung daf?r ?bernehmen. Meine Mutter schiebt es auf meinen Vater, mein Vater auf Gro?utter und Gro?utter auf Gro?ater. Einig sind sie sich nur in dem Verdacht, dass dieser Name ohne jeglichen Flitter und Firlefanz schon von Anfang an ein Omen daf?r gewesen ist, dass Freddie sich schlie?ich zum schwarzen Schaf der Familie entwickelt hat. Nachdem sie bei Freddie aus irgendeinem unerfindlichen Grund darauf verzichtet hatten, ihn vor aller Welt der L?erlichkeit preiszugeben, machten sie das bei mir wieder wett und tauften mich auf den Namen Dolores. Dolores! Stierkampf, Flamenco und Kastagnetten. Sengende Sonne, roter T?ll, wei?get?nc