Das Großdeutsche Reich und die Juden (Paperback)

Das Großdeutsche Reich und die Juden

Nationalsozialistische Verfolgung in den angegliederten Gebieten, Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts 17

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783593391687
Sprache: Deutsch
Seiten: 440 S., 20 Fotos
Fomat (h/b/t): 2.5 x 21 x 14 cm
Auflage: 1. Auflage 2010
Bindung: Paperback

Beschreibung

Der Band beleuchtet erstmals systematisch die antijüdische Politik in den vom NS-Staat zwischen 1935 und 1940 "angegliederten" Gebieten. Dazu zählten unter anderen die Saar, Österreich und das Memelgebiet wie auch Danzig-Westpreußen oder Luxemburg. Die Autoren untersuchen die Verfolgung in diesen Gebieten und ihre Auswirkungen auf die jüdische Bevölkerung: Welche Institutionen waren zu welchem Zeitpunkt für welche Maßnahmen verantwortlich? Wie verhielt sich die einheimische deutsche und nichtdeutsche Bevölkerung? Wie beeinflusste nicht zuletzt die Verfolgungspolitik die Bildung der von den Nationalsozialisten propagierten "Volksgemeinschaft"? Anstelle gleicher, von Berlin angeordneter Maßnahmen zeigen die Beiträge eigenständige Entwicklungen in den "angegliederten" Gebieten, die oftmals auf die antijüdische Politik im Reich zurückwirkten. "Die klare Struktur, von den Herausgebern vorgegeben (.), macht die profunden Kapitel zusammen mit Bibliografie, Forschungsüberblick und nicht zuletzt den Karten aller behandelten Gebiete zum Handbuch im besten Sinne des Wortes." Bohemia, 51 (2011), 1 "Dieser Band aus dem Fritz Bauer Institut setzt Maßstäbe und wird künftig grundlegende Literatur zum Thema sein." Das Historisch-Politische Buch, 59 (2011), 1

Leseprobe

Einleitung Als der Vorsitzende der EU-Kommission José Manuel Barroso Anfang 2005 in einem Aufsatz über "Auschwitz-Birkenau in Poland" schrieb, aber nicht die Verantwortung des nationalsozialistischen Deutschland für das Lager erwähnte, führte dies in Polen zu heftigen Protesten. Nun ist Barroso kaum revisionistischer Tendenzen verdächtig; gleichwohl zeigt dieses Beispiel, dass sich ein unpräziser Sprachgebrauch in Bezug auf das Vernichtungslager eingebürgert hat. Zunehmend verblasst das Wissen, welche Ausdehnung das "Großdeutsche Reich" im Zweiten Weltkrieg erreicht hatte. Es umfasste Grenzgebiete Frankreichs und Belgiens, ganz Luxemburg und Österreich, die böhmischen und mährischen Teile der Tschechoslowakei, Westpolen sowie nordslowenische Gebiete. Zwar ist es von heute aus betrachtet korrekt, dass der zur NS-Zeit Auschwitz genannte Ort O?wi?cim in Polen liegt - von Herbst 1939 bis Anfang 1945 jedoch hatte der nationalsozialistische Staat sich das polnische Gebiet Ostoberschlesien und die Stadt angeeignet und angegliedert. Die SS errichtete das Konzentrations- und spätere Vernichtungslager Auschwitz somit auf dem Territorium des Dritten Reiches. Welchen Einfluss die territorialen Erweiterungen des Deutsche Reiches auf die Judenverfolgung, das heißt auf die Politik der Täter, die Lage der jeweiligen jüdischen Bevölkerung und das Verhalten der übrigen Einwohner, hatten, ist bisher kaum systematisch erforscht worden. Dabei sah sich die rassistische Verfolgungspolitik des NS-Regimes mehr oder weniger mit jedem "Anschluss" eines Gebietes an das Deutsche Reich vor neue Fragen gestellt. Während es gelungen war, die Zahl der jüdischen Deutschen im "Altreich" durch Vertreibung und Flucht zwischen 1933 und 1938 von 520.000 auf 240.000 zu reduzieren, kamen 1938/39 mit Österreich etwa 190.000, mit dem Sudetenland rund 29.000 und mit der Gründung des Protektorats Böhmen und Mähren weitere 118.000 Glaubensjuden hinzu. Die Eroberung großer Teile Polens schuf eine ganz neue Situation, nun befanden sich über 2 Millionen polnische Juden im deutschen Herrschaftsbereich, 600.000 von ihnen wohnten in den Gebieten, die sich das Reich unmittelbar einverleibte. In den 1940 annektierten Territorien im Westen lebten im Vergleich dazu nur wenige Juden. Der vorliegende Band stellt erstmals für die von Deutschland "an-" bzw. "eingegliederten" Gebiete systematisch die wichtigsten Fakten zur Verfolgung der jüdischen Bevölkerung im Kontext der NS-Besatzungspolitik zusammen. Die Beiträge gliedern sich jeweils in drei Abschnitte. Im ersten Teil steht die Situation vor der Annexion des Territoriums im Mittelpunkt; der Blick gilt dabei sowohl der Lage der Juden als auch der Nichtjuden. Die Autoren beleuchten die sozialen, demografischen, wirtschaftlichen, politischen und staatlichen Verhältnisse in den jeweiligen Gebieten seit dem Ersten Weltkrieg. Der zweite Abschnitt widmet sich der unmittelbaren militärischen Besetzung, den Verfolgungen während der ersten Wochen und den ersten staatsrechtlichen Maßnahmen unter deutscher Herrschaft. Die Autoren untersuchen unter anderem folgende Fragen: Gab es Gewaltaktionen in der ersten Phase? Welche deutschen bzw. einheimischen Institutionen setzten die Verfolgungsmaßnahmen in Gang? Welche Rolle spielten die deutschen Einwohner im jeweiligen Gebiet? Wie verhielt sich jener Teil der Bevölkerung, der weder jüdisch noch deutsch war? Der dritte Abschnitt befasst sich mit der Eingliederung in das Deutsche Reich, der Etablierung der wichtigsten Verwaltungen und der antijüdischen Politik bis zum Ende des NS-Regimes. Leitfragen für diesen Abschnitt sind: Welche Personen und Institutionen trieben die antijüdische Politik in den angegliederten Gebieten voran? Wann bildeten sich Verantwortlichkeiten heraus, und welche Zäsuren und Wechsel lassen sich erkennen? Welche Bedeutung hatte die Volkstumspolitik (gegenüber den Volksdeutschen, aber etwa auch gegenüber Tschechen, Polen oder Franzosen) für die Judenverfolgung? Kann man

Inhalt

Inhalt Wolf Gruner, Jörg Osterloh Einleitung Gerhard J. Teschner Saargebiet Albert Lichtblau Österreich Jörg Osterloh Sudetenland Wolf Gruner Protektorat Böhmen und Mähren Ruth Leiserowitz Memelgebiet Wolfgang Gippert Danzig-Westpreußen Ingo Loose Wartheland Andreas Schulz Regierungsbezirk Zichenau Sybille Steinbacher Ostoberschlesien Christoph Brüll Eupen-Malmedy Marc Schoentgen Luxemburg Jean-Marc Dreyfus Elsass-Lothringen Anhang Wolf Gruner, Jörg Osterloh Forschungsüberblick zu den einzelnen Gebieten Auswahlbibliografie Abkürzungen Abbildungsnachweis Autorinnen und Autoren Personenregister Ortsregister