Schwarz-Weiß als Evidenz (Paperback)

Schwarz-Weiß als Evidenz

With black and white you can keep more of a distance, Schauplätze der Evidenz 1

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783593503028
Sprache: Deutsch
Seiten: 296 S., ca. 120 teils farbige Abbildungen
Fomat (h/b/t): 2.7 x 21.4 x 14.2 cm
Auflage: 1. Auflage 2015
Bindung: Paperback

Autorenportrait

Monika Wagner lehrte 1986 bis 2009 Kunstgeschichte an der Universität Hamburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Kunst der Moderne, der Geschichte und Theorie der Wahrnehmung und der Ikonografie des Materials. Helmut Lethen ist Direktor des IFK Wien und hat dort 2007 den Schwerpunkt 'Kulturen der Evidenz' ins Leben gerufen. Seine Gebiete sind Historische Avantgarden, philosophische Anthropologie und Mediengeschichte.

Leseprobe

Von der Erkenntniskraft der Unterscheidung und dem Verlust der Oberflächentextur. Eine Einleitung Helmut Lethen Den Anstoß für das Unternehmen Schwarz-Weiß als Evidenz gab eine überraschende Beobachtung Monika Wagners: Die Besichtigung von Mies van der Rohes Haus Tugendhat in Brünn nach seiner Restaurierung im Jahre 2012 habe ihre Vorstellung vom Neuen Bauen als einer Architektur strahlend weißer Kuben korrigiert. "Wer Wände mit einer puristisch glatten Oberfläche in sterilem Weiß erwartet hat, staunt über die optische Brillanz der Oberflächentönung. Die Haut des Hauses wies, das brachte die denkmalpflegerische Untersuchung und Rekonstruktion zu Tage, winzige gelbliche, bräunliche und rötliche Sandkörnchen auf, deren Erhebungen und farbliche Nuancen die Wand jetzt wieder beleben. Wo die Sandkörnchen an der Oberfläche des Putzes liegen oder durch Abrieb sichtbar werden, reflektieren sie das Licht der Sonne. Durch die Veränderung des Lichts ebenso wie durch die Bewegung des Betrachters/Bewohners wird der Eindruck einer lebendigen Haut des Gebäudes erzeugt." Hatten erst Schwarz-Weiß-Fotografien das Haus Tugendhat zur Inkunabel moderner Architektur gemacht? Die minutiöse Rekonstruktion entdeckte die diskrete Buntheit dieses Bauwerks wieder, die in unserem maßgeblich fotografisch vermittelten Gedächtnis keinen Platz gefunden hatte. Die Überraschung wurde zur Initialzündung unseres Projekts. Die Evidenz der zirkulierenden schwarz-weißen Bilder des Neuen Bauens in Presse und Katalogen schien schlagend zu sein. Sie wurde im Fall der Villa Tugendhat mit dem Verlust an differenzierten Informationen zur Oberflächenstruktur des Gebäudes erkauft. Vielleicht ist der "Edelputz" des Tugendhat-Hauses ein Sonderfall. Im Normalfall diente, so Andreas Haus in seinem Beitrag (S. 183), die starke Linien- und Kantenbetonung der Schwarz-Weiß-Abbildungen dem Konzept des Neuen Bauens. Haben die Architekten des Neuen Bauens in der Schwarz-Weiß-Fotografie ihr ideales Medium für die lichtglänzenden Kuben des Neuen Bauens gefunden - auch wenn die Wirklichkeit der Baukörper dieser Idee nie perfekt entsprach? War die Reduktion der Farben auf die Unbuntheit des Schwarz-Weiß eine Geste der Abwehr der "Netzhautmalerei der Impressionisten" (Marcel Duchamp) (vgl. den Beitrag von Ernst Strouhal, S. 49)? Ist der ästhetische Reiz des Schwarz-Weißen verwoben in utopische oder sozialreformerische Verhaltenslehren der Distanz in den 1920er Jahren? Erleichtern Schwarz-Weiß-Abbildungen den Zugang zu einem krafterfüllten Raum der Abstraktion (vgl. den Beitrag von Hartmut Böhme, S. 24)? Kurz: Überblendete die medial hergestellte Evidenz des Schwarz-Weißen die Wirklichkeit? Mit diesen Fragen begann das Abenteuer einer Konferenz am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien (22. bis 24. Mai 2013), deren Vorträge nun als Essays, erweitert um Beiträge von Werner Busch und Ingo Zechner, in diesem Buch vorliegen. SchwarzWeiß, ein Kern der Ästhetik des 20. Jahrhunderts Der Siegeslauf der Ästhetik des Schwarz-Weißen begann zu einem Zeitpunkt, als die Technologie der Farbfotografie bereits erstaunliche Resultate vorzuweisen hatte. Die Herrschaft des Schwarz-Weißen ist im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts folglich nicht nur auf technische Defizite zurückzuführen. Bettina Gockel weist darauf hin, dass Fotos in brillantem Schwarz-Weiß im 19. Jahrhundert schwerlich aufzufinden sind. Daguerreotypien schillerten noch in Bildtönen von Grau bis Blaugrau/-violett oder auch goldfarben. Unter dem Einfluss des Piktoralismus liebte man im 19. Jahrhundert den Schimmer der Fotografien in zartem Blaugrau, bräunlichem Rot und erdigen Gelbtönen (S. 161-164). Selbst der Asphalt glänzte, wie Kathrin Rottmann entdeckt, in purem Schwarz erst, als ihm Grafit untergemischt wurde; dann konnte er in Kombination mit der grellen Helligkeit elektrischer Bogenlampen ein Faktor der Großstadtästhetik des "Asphalt Jungles" werden (S. 75). Musste der Reiz de

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Schlagkraft der Unterscheidung