Der Gesundheitswahn (gebundenes Buch)

Der Gesundheitswahn

Lichamelijke oefening

Vom Glück des Unsportlichseins

19,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783896673695
Sprache: Deutsch
Seiten: 416 S.
Fomat (h/b/t): 4 x 22 x 14.6 cm
Bindung: gebundenes Buch

Autorenportrait

Midas Dekkers, Jahrgang 1946, ist der bekannteste und populärste Biologe Hollands und ein herausragender Essayist. Seine Bücher sind Bestseller, seine Hörfunk- und Fernsehsendungen Quotenrenner; er gilt als der "Grzimek der Niederlande". "Geliebtes Tier"

Leseprobe

Eigentlich steckt alles irgendwo drin: die Kröte im Schild, das Tier im Menschen, die Nase manchmal in fremden Angelegenheiten, ein Text im Buch, das Glück in der Erinnerung. Und das ist auch gut so. Solange der Urin in der Blase bleibt und der Teufel im Detail, stört das keinen. Auch der Mensch steckt irgendwo drin. Im Körper. Da gehört er auch hin. Wie ein geübter Chauffeur benutzt der Mensch Arme und Beine und dreht den Kopf, um der flotten Biene hinterherzusehen. Der Körper bietet dem Menschen Ablenkung und Information. Als Gegenleistung versorgt der Mensch den Körper mit Nahrung und lässt ihn diskret beiseite treten, wenn sich dieser erleichtern muss. Ist der Körper krank, bringt er ihn zum Arzt und leidet mit ihm mit. Man ist Chef im Haus, der Zwerg, der den ganzen großen Leib führt und leitet, Herrscher über hundert mal tausend mal tausend mal tausend mal tausend Zellen. Bis in die entferntesten Winkel der Finger und Zehen ist der Wille Gesetz. Man regiert wie ein aufgeklärter Despot. Wer sonst könnte dem ganzen Tohuwabohu sonst sagen, wo's lang geht? Hoch über den Wolken scheint eine Boing 747 ganz von allein zu fliegen; eine unbeirrbare Mechanik, um so viel selbstständiger als die ersten winzigen Fokkermaschinen, die von ihrem Aviateur geritten wurden, aber ist die Maschine wieder am Boden, sieht man das Machthaberlein hinter den Cockpitfenstern sitzen, den Zwerg, der dieses riesige Ding in die Gänge bringt und steuert. Könnte man durch die Augen eines Elefanten in dessen Inneres schauen, sähe man mit Sicherheit dort das eigentliche Tier, einen Minielefanten, dessen Rüssel kundig an den Schaltknöpfen fummelt. Man sitzt im eigenen Körper. Aber wo? Nimmt ein Mensch seinen ganzen Körper in Beschlag oder steht er auf einer Art Brücke am Steuer? Dieses Rätsel ist mithilfe eines Experiments leicht zu lösen, eines Gedankenexperiments wohlgemerkt. Fangen Sie einfach damit an, sich Ihr rechtes Bein abzusägen. Zwar fällt das Gehen jetzt etwas schwer und der Körper hat tüchtig Schlagseite, aber man ist doch noch zu hundert Prozent man selbst. Mit der Amputation des linken Fußes und der beiden Arme ändert sich das nur unmaßgeblich. Danach kommt der schwierigere Teil des Auftrags. Schicht für Schicht wird der Körper abgetragen, Organ für Organ entfernt und wenn nötig durch eine Prothese ersetzt. Das Herz macht Platz für eine Pumpe, die Lungen sind aus Eisen, das Blut wird dialysiert. Und trotzdem spürt man sich noch. Um sich für einen anderen zu halten, müsste man sich das Gehirn transplantieren lassen. Doch auch dann hielte sich das Gehirn noch immer für sich selbst, entgeistert würde es sich fragen, wie zum Teufel es im Körper eines anderen landen konnte, wie einer, der jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und plötzlich merkt, dass er auf dem falschen Fahrrad sitzt. Bis zum Absurden herabreduziert, erkennt man, dass das eigentlich Bewundernswerte am ganzen Körper der Dachboden ist, ja, eigentlich nur das Gehirn und davon wiederum nur die Rinde. Im Hirn toben die Gedanken, spielen die Gefühle Theater, dort wird gehasst und geliebt. Man wohnt in den eigenen Gedanken, und die hausen im Kopf; man ist Untermieter bei sich selbst, mit lebenslangem Hausarrest. Das Gehirn ist der Inhalt, der Rest nur Verpackung. Würde man jeden Niederländer direkt nach der Geburt auspacken, dann passte die gesamte Bevölkerung Hollands in kürzester Zeit auf die kleine Insel Schiermonnikoog. Ich glaube nicht, dass irgendjemand Gefallen an diesem Zustand fände. Das Gehirn bekäme nie etwas vor Augen, worüber es nachdenken könnte, gelangte nie zu spannenden Orten, hätte kein Fleisch, womit es seinen hirnlichen Gelüsten frönen könnte. Um dem abzuhelfen, könnte man eine Kamera ans Gehirn montieren, vielleicht mit Rädern drunter, und ein paar unterhaltsame Utensilien aus dem Sexshop besorgen. Würden sich alle isolierten Gehirne zusammentun, hätten sie das Problem bald behoben, und nach einigen Jahren härtester Arbeit wäre er fertig: der neue Mensch mit