Der Tiger (gebundenes Buch)

Der Tiger

The Tiger - A True Story of Venegance and Survival

Auf der Spur eines Menschenjägers - Ein dokumentarischer Thriller

Auch verfügbar als:
19,95 €
(inkl. MwSt.)

Vergriffen

in den Warenkorb
Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783896673800
Sprache: Deutsch
Seiten: 432 S., mit Abb.
Fomat (h/b/t): 4 x 22 x 14.5 cm
Bindung: gebundenes Buch

Autorenportrait

John Vaillants Berichte über extreme Erfahrungen mit Phänomenen der Natur erschienen u.a. in National Geographic, The Atlantic und The New Yorker. Er folgte Krokodilen in Indien und Vampiren in Transsylvanien, bereiste fünf Kontinente und fünf Ozeane. 2010 erschien sein Bestseller Der Tiger im Blessing Verlag. Vaillant lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Vancouver.

Leseprobe

Die Mondsichel hängt in den Bäumen, als hätte sie sich dort verfangen. Ihr bleiches Licht wirft Schatten auf den Schnee. Sie verdunkeln den Wald nur noch weiter, durch den sich ein Mann mithilfe seines Tastsinns und seiner Augen arbeitet. Er ist zu Fuß und alleine, nur von einem Hund begleitet, der vorausläuft, um endlich nach Hause zu kommen. Ringsumher erheben sich aus Gestrüpp und gefallenen Bäumen schwarze Eichen-, Kiefern- und Pappelstämme in die Dunkelheit empor; ihre Zweige bilden über ihm ein zerfetztes Dach. Schlanke Birken, weißer als der Schnee, scheinen aus sich selbst heraus zu leuchten, aber dieses Licht ist wie das Fell eines Tiers im Winter - es fühlt sich kalt an und ist nur für sich selbst da. Stille herrscht in dieser schlafenden, erstarrten Welt. Es ist so kalt, dass Speichel gefriert, bevor er auf den Boden trifft; so kalt, dass Bäume, spröde wie Stroh, plötzlich durch den Druck ihrer eigenen Säfte explodieren können. Mann und Hund hinterlassen auf ihrem Weg eine Welle von Wärme, und der Kondensstreifen ihres Atems hängt in fahlen Wolken über ihrer Spur. Ihr Geruch trägt in der windstillen Nacht nicht weit, aber ihre Schritte sind deutlich zu hören und verkünden ihre Anwesenheit. Trotz der bitteren Kälte trägt der Mann Gummistiefel, die eher für Regenwetter gedacht sind; auch seine Kleidung ist erstaunlich leicht, wenn man bedenkt, dass er den ganzen Tag auf der Suche war. Sein Gewehr hängt ihm schwer über der Schulter; Rucksack und Patronengurt sind auch nicht leicht. Aber er kennt diesen Weg gut und ist schon fast in Sichtweite seiner Hütte. Jetzt endlich kann er sich den Luxus der Erleichterung erlauben. Vielleicht denkt er an die Laterne, die er gleich anzünden wird, und an das Feuer im Kamin; vielleicht stellt er sich vor, wie er gleich sein Gepäck abladen wird. Das Wasser im Kessel wird gefroren sein, aber der Ofen hat dünne Wände und wird schnell genauso heftig gegen die Kälte anglühen wie jetzt gerade sein eigener Körper. Schon bald wird es heißen Tee geben und eine Zigarette; dann Reis mit Fleisch und weitere Zigaretten. Vielleicht auch ein oder zwei Gläser Wodka, wenn noch welcher da ist. Dieses Ritual ist ihm teuer, und er kennt es in- und auswendig. Plötzlich aber, während der vertraute Umriss auf der Lichtung schon hervortritt, stößt der Hund auf einen Geruch, der ihn wie eine Wand zum Stehen bringt. Er knurrt. Die beiden sind Jagdpartner, und der Mann versteht sofort: Jemand ist bei der Hütte. Die Haare auf seinem Nacken stellen sich auf wie das Rückenfell des Hundes. Aus der Dunkelheit dringt ein Grollen zu ihnen, das von überall her gleichzeitig zu kommen scheint. Teil Eins Markow l Kapitel Viele Menschen glauben nicht, dass es wirklich passiert ist. Sie behaupten, ich bilde es mir nur ein. Aber es stimmt alles. Es sind Tatsachen. Juri Anatoljewitsch Trusch Kurz nach Einbruch der Dunkelheit am 5. Dezember 1997 erhielt ein Mann namens Juri Trusch, zuhause in Lutschegorsk, einer mittelgroßen Bergarbeitersiedlung im Primorje-Gebiet des russischen Fernen Ostens nahe der chinesischen Grenze, eine dringende Mitteilung. Primorje ist das letzte Rückzugsgebiet des sibirischen Tigers, und der Beamte, der anrief, hatte keine guten Nachrichten: Bei Sobolonje, einer kleinen Holzfällersiedlung tief im Wald, etwa hundert Kilometer nordöstlich Lutschegorsks, war ein Mensch angefallen worden. Juri Trusch war Leiter einer der sechs Einheiten der 'Inspektion Tiger' in diesem Gebiet. Ihre Aufgabe war die Verfolgung von Straftaten im Wald, besonders derer, die sich um Tiger drehten. Da Wilderer hier oft eine Rolle spielten, fielen auch Tigerangriffe in ihr Ressort. Darum war dieser Fall - was immer genau geschehen war - jetzt Truschs Problem, und er begann sofort mit den Vorbereitungen für die Reise nach Sobolonje. Früh am nächsten Morgen, es war ein Samstag, zwängten sich Trusch und seine Kollegen Aleksandr Gorborukow und Sascha Lasurenko in einen ausgemusterten Armee-Lkw und dröhnten in Richt

Video