Über den ersten Band der Erinnerungen Curt Siodmaks, Unter Wolfsmenschen. Europa, schrieb Georg Seeßlen in der Zeit 'Eine der bewegendsten Lebensgeschichten, die ich in letzter Zeit gelesen habe.' Und Ulrich Selich im Handelsblatt: Siodmak 'erweist sich als begnadeter Erzähler, der assoziativ vorgeht und seinem Erinnerungsvermögen wie einer Wünschelrute folgt, mit der er die bedeutsamen Energiefelder seiner Vergangenheit lokalisieren kann, um sie dann zu beschreiben.' Geschichte ist, was wir am eigenen Leib erfahren, nicht die Interpretation des Historikers. Wenn man wie Curt Siodmak beinahe ein ganzes Jahrhundert durchlebt hat, dann sind die Beobachtungen der Zeiten und der manchmal tragischen, manchmal skurrilen, manchmal komischen Ereignisse, die sie bewegten, ein unschätzbares Dokument für heutige und künftige Generationen. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich gehöre derselben Generation an. Jeder möchte gern eine Spur seines Erdenwandels zurücklassen. Curt Siodmak ist das gelungen. Billy Wilder

Der Story Editor Angus McPhail, ein hochgewachsener, belesener Schotte, rief mich in sein Büro. Er hatte vom Vorsitzenden der British Gaumont, Michael Balcon, ein Kabel erhalten dieser weilte in New York, um dort einen britischen Filmverleih aufzubauen. Angus fragte mich, ob ich schon von dem Roman Der Tunnel des deutschen Autors Bernhard Kellermann gehört hätte. Ich sagte ihm, ich kennte das Buch auswendig (ich hatte es, durch schieren Zufall, vor meiner Auswanderung gelesen). Es war eine Science-fiction-Geschichte über einen Tunnel zwischen England und Amerika. Sir Michael hatte für dieses Projekt, zum ersten Mal in der Filmgeschichte Englands, amerikanische Stars engagiert. 'Ich brauche das Exposé mit den passenden Rollen für die Schauspieler in drei Tagen', sagte mir Angus. 'Kriegen Sie das hin?' Davon, daß es ein leichtes für mich sei, hätte ich ihn auch dann überzeugt, wenn er mich gebeten hätte, in drei Tagen die Bibel neu zu schreiben. 'Prima. Begießen wirs!' sagte Angus, denn die Stunde war gekommen, da er einen ersten heben konnte. Für die Story vom Transatlantic Tunnel malte ich mir riesige Bohrmaschinen aus, die sich unter dem Meeresboden bis Amerika wühlten. Als unlängst der Tunnel zwischen England und Frankreich gebohrt wurde, waren die Maschinen, die ihn gruben, ziemlich ähnlich denen, die ich als ausgebildeter Ingenieur mir ersonnen hatte. Auch die Vision von gigantischen TV-Bildschirmen hatte ich - damals noch unbekannt, fünfzig Jahre später aber überall gebräuchlich. Nach zweiundzwanzig schlaflosen Stunden reichte ich mein fünfzigseitiges Exposé ein. Angus kabelte dessen Inhalt an seinen Boß in New York. MUTTER BLIND STOP UNTERWASSER-VULKAN BRICHT AUS STOP ZWINGT TUNNELSCHLIESSUNG STOP MÄNNER MÜSSEN GEOPFERT WERDEN AUCH INGENIEURSSOHN usw.,fünfzig Worte, einen abendfüllenden Film zu beschreiben. Sir Michael kabelte zurück: MIT AUTOR VERTRAG MACHEN WG. DREHBUCH.