Ein Stück Malheur (gebundenes Buch)

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Bibliographische Informationen
ISBN/EAN: 9783931135485
Sprache: Deutsch
Seiten: 180 S.
Fomat (h/b/t): 1.6 x 21 x 13.5 cm
Bindung: gebundenes Buch

Beschreibung

Eine Berliner Kindheit um 1950, ein halbes Jahrhundert nach Walter Benjamin. Aus der Sicht des begabten Kindes entfaltet sich das Drama der Alphabetisierung aus der Dumpfheit des Vergangenen, an das niemand erinnert werden will. Ein Schelmenroman zwischen Horror und Groteske. Jörg W. Gronius, geb.1952 in Berlin. 1979-1982 Dramaturg an der Schaubühne Berlin. Regiemitarbeit: Wiener Burgtheater, Freie Volksbühne, Staatliche Schauspielbühnen, Berlin, Deutsches Schauspielhaus, Hamburg. Schriftsteller und Publizist.

Leseprobe

Tante Lucie starb an Leberzirrhose. Natürlich dachte ich, das hätte etwas mit Hose zu tun. Mir Tante Lucie in Hosen vorzustellen gelang erst nach Minuten. 'Was gibt's da zu lachen?' Das war keine Frage, sondern eine Drohung. Immer wurde mir gedroht. Meist wurde die Drohung wahr gemacht. Prügel oder Einsperren oder beides. Der Grundkonsens war meine Demütigung. Der Grundkonsens der zwei Frauen, denen ich ausgeliefert war: meiner Mutter und meiner Großmutter mütterlicherseits. Sie haßten einander. Ihren Haß verbargen sie voreinander aus Feigheit. Jede fürchtete die andere und ihre Gemeinheiten. Sie kannten sich gut und fürchteten einander. Mich hatten sie nicht zu fürchten. An mir konnten beide ihren Haß austoben. Das ließen sie sich nicht nehmen. Meine Zuflucht war immer Tante Lucie. Jetzt war sie tot. Ich war ohne Hoffnung.