hr-iNFO Büchercheck: Eigentlich müssten wir tanzen von Heinz Helle

hr-iNFO Büchercheck: Eigentlich müssten wir tanzen von Heinz Helle

29.10.2015

Heinz Helle ist ein junger deutscher Autor, der mittlerweile in der Schweiz lebt. „Eigentlich müssten wir tanzen“ ist sein zweiter Roman und war für den Deutschen Buchpreis nominiert. hr-iNFO Büchercheckerin Tanja Küchle hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Fünf junge Männer haben ein Wochenende auf einer einsamen Berghütte verbracht. Als sie zurück ins Dorf, in die Zivilisation wollen, stellen sie fest, dass von der nicht mehr viel übrig ist. Alles ist zerstört, brennt oder kokelt noch. Völlig auf sich selbst zurück geworfen, marschieren sie los durch die verwüstete, menschenleere Landschaft, ohne zu wissen wohin. Die Männer sind Freunde seit ihrer Kindheit. Doch ein Freund nach dem anderen verunglückt während des zähen Überlebens-Marsches.

Wie ist es geschrieben?
Die Geschichte der Apokalypse wird düster und dicht beschrieben. Es ist fast, als würde man sich selbst atemlos durch Wald und Schnee schleppen, Seite an Seite mit dem Ich-Erzähler und seinem „Rudel“. Die Sprache ist schnell, präzise und nüchtern. Die richtige Wahl für diesen Roman, der zwischen brutaler Härte und lakonischem Humor pendelt. Es ist schwer zu ertragen, wenn sehr sachlich, in allen Details, geschildert wird, wie die Freunde einem Mann den Schädel einschlagen. Konterkariert wird das durch hochkomische Szenen. Zum Beispiel als die Männer im Wald einen Frachtcontainer finden. Sie hoffen auf Essbares und versuchen, mit einem alten Kühlschrank das Vorhängeschloss zu zerschlagen. Eine mühsame Angelegenheit.

„Noch ein Schlag. Noch ein Schlag. Noch einer. Dumpf fällt der Kühlschrank ins Gras. Knie knacken, wir heben ihn wieder auf, stoßen noch einmal zu und dann bricht das Schloss. Es traut sich keiner so recht, das Tor zu öffnen, also hebe ich den Verschluss an und ziehe vorsichtig an der Stahltür. Sie lässt sich überraschend leicht öffnen. Im schwachen Licht etwas Weißes, viel Weißes, weiße Kisten, Blöcke, matt glänzend, metallisch, mit abgerundeten Kanten. Kühlschränke. Ein ganzer Container voll.“

Wie gefällt es?
Ich habe diesen Roman verschlungen, so spannend und gut geschrieben. Es ist eine Versuchsanordnung, die gnadenlos die Grenzen der menschlichen Existenz auslotet. Und dass Heinz Helle nicht verrät, was die Apokalypse eigentlich ausgelöst hat, macht das Ganze noch beklemmender.

hr-iNFO

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gebundenes Buch, 173 S.
Sprache: Deutsch
Suhrkamp
ISBN: 9783518424933